Kollektivvertragsverhandlungen 2015

19.10.13:00 starker Regen, trüber Himmel. Die Verhandlungen beginnen im Haus der Wirtschaftskammer. Wir wissen was wir wollen: Mehr Geld und mehr Freizeit. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind gut vorbereitet. Wir, das sind Hartmut Liese (Betriebsratsvorsitzender von 3), Richard Mittermayer (Betriebsratsvorsitzender von tele 2), Werner Zangl (Betriebsrat UPC), Melanie Beierheimer (Betriebsratsvorsitzende des T-Mobile Call Center Graz), Bernhard Hirnschrodt (GPA-djp) und ich. Uns gegenüber auf der Arbeitgeberseite sitzen, die HR Verantwortlichen von 3, UPC, tele 2, T-Mobile, ein Geschäftsführer von der Kabel Plus und 2 Vertreter der Wirtschaftskammer.

Die ersten 1 ½ Stunden werden bestimmt durch die Diskussion über die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Lage in der Telekombranche im Besonderen. Während man bezüglich der zu erwartenden Inflationsrate als Basis für die Verhandlungen noch annähernd ähnlicher Meinung ist, für 2015 wird eine Jahresinflation zwischen 1,0 und 1,1 % erwartet, treten bezüglich der Einschätzung über die wirtschaftliche Lage in der Telekombranche erste Diskrepanzen auf. Für die Arbeitgebervertreter verläuft das Jahr 2015 zwar ganz OK, in den Jahren davor seien die Ergebnisse aber schlecht gewesen. Im Übrigen befürchten sie, dass dies nur ein kurzes Strohfeuer ist. Der Wettbewerb ziehe durch die neuen MVNO´s (HOT etc.) gerade wieder merklich an. Zudem müsste man auch in den nächsten Jahren viel investieren um wettbewerbsfähig zu bleiben. Aufgrund der wie immer hervorragenden Branchen- und Bilanzanalysen unseres Think Tanks Arbeiterkammer haben wir die genauen Ergebniszahlen der Branche aber vor uns liegen. Sie sprechen eine ganz andere Sprache. Bereits im Jahr 2014 sind die Unternehmensgewinne deutlich gestiegen und die bisher kommunizierten Zahlen deuten für das 2015 auf eine nochmalige erhebliche Steigerung hin. Nur zur Info: 2013 verdiente die Branche insgesamt knapp 200 Mio. Euro. 2014 waren es schon fast 530 Mio. Die Kollegenschaft hat sich einen fairen Anteil daran mehr als verdient. Zumal alle Produktivitätskennzahlen sich, nicht zuletzt durch den betriebenen Personalabbau (-5,16 %), verbessert haben. Natürlich muss in die Netze investiert werden, aber der Hunger der Haushalte und der Wirtschaft nach unseren Produkten “Bandbreite und Daten” wird weiterhin ungebrochen steigen.

Wir gehen in die erste Verhandlungspause. Nach der Pause übergeben wir unseren Forderungskatalog.

Gehaltsrechtlicher Teil:

  1. Erhöhung der Mindestgrundgehälter über der durchschnittlichen Inflationsrate
  2. Erhöhung der IST-Gehälter über der durchschnittlichen Inflationsrate
  3. Einführung einer Freizeitoption, wie bei der Elektro- Elektronikindustrie
  4. Erhöhung der Lehrlingsentschädigungen über der durchschnittlichen Inflationsrate
  5. Erhöhung der Kollektivvertraglichen Zulagen über der durchschnittlichen Inflationsrate

Rahmenrechtlicher Teil:

  1. Verkürzung der Normalarbeitszeit
  2. Automatische Vorrückung in die Expertenstufe
  3. Klarstellung bezüglich der Einstufung von Bachelor-Absolventen
  4. kollektivvertragliche Regelung von All-In Verträge
  5. Anrechnung aller Lehr- und Arbeitsjahre für den Urlaub

Die nächste Stunde vergeht mit den Erläuterungen zu den einzelnen Verhandlungspunkten und den unterschiedlichen Sichtweisen dazu. Besonders intensiv wird um die KV-Einstufung der Bachelor Absolventen gerungen. Die Arbeitgeber sehen den Bachelor als nicht gleichwertigen Hochschulabschluss an. Wir fordern eine Lösung gemäß den Vorgaben des derzeit gültigen KV´s. Die Arbeitgeber ersuchen um eine Verhandlungsunterbrechung. Sie wollen sich intern beraten.

16:00 es geht weiter. Die Arbeitgeberseite signalisiert Gesprächsbereitschaft bezüglich der entgeltrechtlichen Forderungen und der Freizeitoption. Bezüglich der Bachelor Einstufung wollen sie uns bei der nächsten Verhandlungsrunde einen Vorschlag unterbreiten. Zu allen anderen Forderungspunkten, insbesondere zur unserer Forderung nach eine Verkürzung der Normalarbeitszeit, können sie sich eine Einigung nicht vorstellen. Zu den Erhöhungen der Ist-Gehälter gibt es erwartungsgemäß den Vorschlag von Einmalzahlungen. Dieser wird umgehend von uns, da nicht nachhaltig, zurückgewiesen. Die Verhandlungen werden nach Austausch der unterschiedlichen Positionen zu den einzelnen Themen des Forderungsprogramms gegen 17:00 unterbrochen und auf den 19.11.2015 vertagt. Ein früherer Termin konnte leider nicht gefunden werden.

Resümee: Das wird wieder eine zähe Angelegenheit. Ich stelle mir die Frage: Wie viel besser muss es den Konzernen eigentlich noch gehen, bis sie wieder bereit sind mit ihren Beschäftigten die erzielten Gewinne fair zu teilen? Wir wissen noch immer was wir wollen: Mehr Geld und mehr Freizeit.

 Johnny Hofmeister                                                                                         Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite

8 Gedanken zu „Kollektivvertragsverhandlungen 2015

  1. Viel Erfolg bei den Verhandlungen. Die ökonomische Vernunft habt ihr ja auf eurer Seite. Die goldene Lohnregel lautet schließlich:

    Lohnzuwachs = Produktivitätszuwachs + Zielinflation

    Jeder Abschluss unterhalb dieses Wertes führt zu einer noch stärkeren Umverteilung von Arbeitnehmer- zur Arbeitgeberseite.

  2. Viel Erfolg bei der Verhandlung!

    Ich habe noch eine persönliche Frage: Wird auch einmal angedacht, dass zB zwei abgeschlossene Lehren gehaltstechnisch so angepasst werden, dass sie mit Maturaabschluss gleichliegen?

  3. Es reicht….wieder wird gejammert und versucht zu begründen, warum die Arbeitnehmerinnen nicht ihren Anteil bekommen sollen und dann gibt es wieder Veranstaltungen, wo um noch mehr Arbeit und Anstrengung ersucht wird…..während sie selbst genug Erhöhungen bekommen….jetzt ist es genug…

  4. Mehr Gewinne= mehr Geiz- also diese Gleichung scheint sich zu manifestieren. Ich dachte das es heuer einmal anders sein wird- das man fair teilen möchte- das man mit denen teilt die einen wesentlichen Beitrag hinsichtlich der erwirtschafteten Gewinne geleistet haben- diese “bedrohliche” Masse verringert sich ja zusehens von Jahr zu Jahr (wieder um – 5,16% KollegInnen ) da kann das doch nicht mehr soo schwer fallen zu teilen …dachte ich…
    In meinem grenzenlosen Optimismus dachte ich es bietet sich hier ja die Möglichkeit den verbleibenden KollegInnen etwas vom Kuchen abzugeben.. einfach so… weil sie es sich verdient hätten… dachte ich…
    Sehr rasch wird man jedoch wieder an die oben erwähnte Gleichung erinnert…
    Und ganz ehrlich? Sowas macht mich persönlich traurig……
    lg aus Graz

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